Deutsche Meisterschaft U 12
2005 in Verden

Das erfolgreiche Team des SK Ricklingen:
Felix Zwick, Roberto Gisy, Robert Lindner, Kasper Kusmierek, Ricarda Lebek (hintere Reihe von links) mit ihren Trainern Jan-Hendrik de Wiljes und Jan Krensing (erste Reihe, von links)

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27.12. 2005:
Traumstart in der ersten Runde

Drei Siege, ein Remis — mit diesem Erfolg überrollte unsere Mannschaft in der ersten Runde Noris Tarrasch Nürnberg. Natürlich, unsere Kids waren Favoriten, ihre DWZ-Zahlen lagen allesamt über denen der Gegner. Aber so eine Favoritenlast will im ersten Spiel erst einmal getragen werden, und das gelang vorzüglich. Eine Punkte-Teilung gab es nur am ersten Brett. Robert erreichte gegen seinen Gegner als Weißer in einer sizilianischen Eröffnung zwar bald eine aussichtsreiche Position, gewann einen Bauern, fand aber dann die Gewinnfortsetzung nicht, die ihm einen zweiten Bauern eingebracht hätte. Später musste er sogar noch eine Figur geben, um einen gegnerischen Freibauern aufzuhalten. Jetzt war Roberts Stellung verloren, doch der Gegner ließ ihn nach zähem Ringen ins Remis entkommen - nach 56 Zügen standen nur noch die beiden Könige auf dem Brett. Am zweiten Brett machte Ricarda kurzen Prozeß. Sie spielte mit Schwarz Sizilianisch, konterte den weißen Königsangriff aus und zwang mit druckvollem Spiel den Gegner zu einem Fehler, der einen Läufer kostete — ein Grund zur Aufgabe nach 22 Zügen. Roberto kam als Weißer am dritten Brett in der Eröffnung ziemlich unter die Räder. Schlechtere Stellung, ein Bauer weniger, das sah nicht gut aus. Doch Roberto kämpfte, lockte die Dame des Gegners in eine Falle und fuhr nach 67 Zügen den ganzen Punkt ein. Felix gelang mit Schwarz am vierten Brett dagegen ein Start-Ziel-Sieg. In der Eröffnung eroberte er den ersten Bauern, tauschte ab, eroberte im Endspiel den zweiten Bauern und zwang den Gegner zur Aufgabe. Hinter der USG Chemnitz, die die maximale Zahl von vier Brettpunkten in der ersten Runde erzielte, liegt unsere Mannschaft damit auf Platz 3. Am Nachmittag allerdings gibt es den ersten dicken Brocken: das an 1 gesetzte Team der Karlsruher SF.

Runde 2: Wie gewonnen - so zerronnen

Nach dem erfolgreichen Vormittag kam am Nachmittag die Ernüchterung: Gegen den Turnierfavoriten Karlsruher SF verloren unsere Kids sang- und klanglos mit 0,5 zu 3,5. Die Niederlage hatte sich schon nach einer Stunde angekündigt. Da waren die Partien an den ersten drei Brettern quasi verloren. Robert hatte mit Schwarz am ersten Brett nach 14 Zügen einen Turm eingebüßt, Kasper fehlte am zweiten Brett mit Weiß nach 11 Zügen ein Läufer und Ricarda hatte sich als Schwarze am dritten Brett von inkorrekten Opferzügen ihres Gegners ins Bockshorn jagen lassen und musste im 21. Zug wegen Matt im nächsten Zug aufgeben. Einzig Felix erkämpfte einen halben Punkt am vierten Brett mit Weiß. Trotzdem: die schmerzliche Niederlage ist letztlich zu verkraften, denn mit einem Sieg gegen die an allen Brettern stärker besetzte Karlsruher Mannschaft war ohnehin nicht zu rechnen gewesen. Morgen soll es auf die Erfolgsspur zurückgehen .

28.12.2005:
Runde 3: Zurück in der Erfolgsspur

Nach der deftigen Niederlage gegen den Turnierfavoriten gestern präsentierte sich unser Team heute Vormittag ganz anders. Mit 4:0 wurde der SC Reti Heusweiler abgefertigt.
Am ersten Brett spielte Kasper mit Weiß seine italienische Eröffnung zunächst sehr zurückhaltend. Dann konnte er seinen Gegner aber taktisch auskontern, gewann einen Bauern und zeigte anschließend seine überlegene Endspieltechnik. Nach 47 Zügen war der Punkt gesichert. Am zweiten Brett hatte Ricarda mit Schwarz aus der Eröffnung heraus Vorteil. Sie gewann einen Bauern, wickelte ins Endspiel ab und setzte dort den gegnerischen König mitten auf dem Brett matt. Am dritten Brett gab es ebenfalls eine klare Entscheidung. Robertos Gegner stellte im achten Zug eine Figur ein, nach 32 Zügen gab er auf. Am vierten Brett hatte Felix mit Schwarz Glück, dass sein Gegner in der Eröffnung einen chancenreichen Läufereinschlag auf f7 übersah. Felix gewann zwei Bauern und setzte im 30. Zug matt.
Ein erfolgreicher Vormittag also, der mit Tabellenplatz 4 belohnt wurde. Heute Nachmittag heißt der Gegner SF Brackel. Wieder ein dicker Brocken, an 3 gesetzt und zur Zeit auf dem dritten Tabellenplatz. Aber vielleicht reicht der Vormittagsschwung unseres Teams ja in den Nachmittag hinein.

Runde 4: Sensationssieg gegen stärkeren Gegner

Jetzt hat unser Team den ersten Überraschungssieg errungen. Die SF Brackel 1930 wurden knapp mit 2,5 zu 1,5 besiegt. Es war ein wirklich dramatisches Spiel.
Den ersten Punkt holte Roberto am dritten Brett. Er überraschte seinen Gegner im Mittelspiel mit einem taktischen Trick und zwang ihn zur Aufgabe.
Auch Felix konnte sein Spiel souverän gewinnen. Er eroberte einen Bauern und setzte diesen kleinen Vorteil im Endspiel sicher um.
Damit stand es 2:0. Ein Unentschieden war sicher, und das war schon mehr, als zu erwarten war.
Robert wagte am ersten Brett gegen seinen 400 DWZ-Punkte stärkeren Gegner einiges. Er opferte die Dame für Turm, Springer und zwei Bauern in der Hoffnung auf Angriff. Leider war jetzt sein Damenflügel schwach. Dort räumte Roberts Gegner zwei Bauern ab und verschaffte sich so zwei eigene verbundene Freibauern. Ein Grund zur Aufgabe für Robert.
Jetzt stand es nur noch 2:1 und alles hing an Kaspers Partie. Er hatte zu diesem Zeitpunkt in einem Turmendspiel leichten Vorteil. Das müsste doch ein Remis sein. Dann tauschte Kasper leider die Schwäche des Gegners ab. Jetzt wurde es dramatisch. Der Gegner witterte seine Chance, denn Kasper kam in Zeitnot. Die beiden waren umringt von den übrigen Teilnehmern. Auf dem Brett stand ein Turmendspiel, in dem beide Seiten drei verbundene Bauern auf dem gleichen Flügel hatten. Eine typische Remis-Stellung, doch der Spieler aus Brackel setzte auf die Zeit. Kasper hatte noch 4 Minuten auf der Uhr, sein Gegner 45. Kasper reklamierte beim Schiedsrichter auf remis, weil der Gegner keine Gewinnversuche unternahm (wie auch, in dieser Stellung) — doch der Schiedsrichter ließ weiterspielen. Die Ricklinger zitterten, Kaspers Blättchen fiel — doch jetzt gab der Schiedsrichter der Reklamation statt und entschied auf remis. Das hatte zwar die Nerven unseres Teams strapaziert, aber dieses Vorgehen entsprach genau den FIDE-Regeln: erst muss das Blättchen fallen, dann entscheidet der Schiedsrichter über die Remis-Reklamation. Der Ricklinger Sieg war so perfekt.
Der Lohn der Mühen ist Platz drei in der Tabelle, und außerdem ein Abendessen in der Pizzeria. Das geht hoffentlich nicht zu lange, denn morgen ist eine noch stärkere Mannschaft der Gegner, der SK Königskinder Jena, gesetzt an drei. Mal sehen, ob die Erfolgsserie auch gegen diesen Gegner hält.

29.12. 2005
HAZ: Sport in Kürze

Die Schachtalente Robert Lindner, Kasper Kusmierek, Ricarda Lebek, Roberto Gisy und Felix Zwick vom SK Ricklingen starten in Verden bei der deutschen Meisterschaft in der Altersklasse "U 12". Auch HSK-Post SV hat sich qualifiziert. Die Entscheidung fällt am morgigen Freitag.

Runde 5: Unglückliche Niederlage gegen Mitfavoriten

Jede Serie geht einmal zuende. Bisher war das Vormittags-Spiel für unser Team stets siegreich verlaufen, doch heute riss dieser Faden. Gegen Königskinder Jena gab es eine knappe Niederlage. Von der Papierform her kein Wunder, denn die Königskinder war an drei von vier Brettern klar stärker besetzt als unser Team.
So war etwa die Niederlage von Robert am ersten Brett erwartbar. In einer spanischen Abtauschvariante verlor er im Mittelspiel erst einen Bauern und übersah später eine Fesselung, die ihn noch eine Figur kostete. Nach 33 Zügen war er matt gesetzt. Am zweiten Brett spielte Kasper mit Schwarz in einer französischen Abtauschvariante sehr stark. Zwischenzeitlich stand er mit Dame, Springer und zwei Bauern gegen Dame und vier Bauern sogar sehr aussichtsreich auf Sieg. Doch der entscheidende Durchbruch wollte nicht gelingen und als die Damen getauscht waren, entwischte der Gegner nach 66 Zügen ins Remis. Eine starke Vorstellung bot auch Ricarda am dritten Brett gegen ihren 180 DWZ-Punkte stärkeren Gegner. In ihrer italienischen Eröffnung ging es auf und ab. Erst drückte Ricarda, dann übernahm ihr Gegner das Kommando auf dem Brett. Ricarda drängte den Angriff zurück, kam ihrerseits wieder in Vorteil, verpasste aber die stärkste Fortsetzung. Im 36. Zug aber stellte der Gegner die Dame ein, die Partie war entschieden. Roberto stand mit Schwarz am vierten Brett zunächst auch überlegen. Er gewann zwei Bauern, übersah dann aber einen taktischen Schlag des Gegners, der ihn einen Bauern und eine Figur kostete. Zwar versuchte Roberto noch, Gegenspiel aufzuziehen, aber im 52. Zug stellte er nach hartem Kampf die Dame ein - Grund zur sofortigen Aufgabe.
Schade, nimmt man den Verlauf der Partien, wäre in diesem Match vielleicht mehr drin gewesen. Jetzt liegt unser Team auf Platz 6. Gelingt heute Nachmittag im Spiel gegen den Fünftplazierten, USG Chemnitz, ein Sieg, ist sogar noch ein Platz auf dem Podium möglich.

Runde 6: Zweite Niederlage in Folge

Das war heute nicht der Tag des SK Ricklingen. Auch das Nachmittags-Spiel ging verloren, dieses Mal deutlich mit 0,5 zu 3,5 gegen USG Chemnitz.
Schon recht bald lag unser Team mit 0 zu 2 hinten, weil zunächst Ricarda und dann Kasper ihre Partien verloren. Roberto musste sich gegen eine drohende Niederlage ins Dauerschach flüchten, was das Match schon entschied. Aber auch Robert verlor am Ende, obwohl er die Qualität mehr besaß. Sein Gegner verstand es geschickt, einen Freibauern durchzubringen.
Ein schwarzer Tag also für unser Team. Allerdings: mit 6 Matchpunkten liegt es auf dem achten Platz, also innerhalb dessen, was erwartet werden konnte. Drücken wir die Daumen, dass es morgen mit einem Sieg noch einen erfolgreichen Abschluss der Meisterschaft gibt.

30.12.2005
Runde 7: Zum Abschluss ein Unentschieden

Mit einer Punkteteilung in der siebten Runde hat unser Team die Deutschen Meisterschaften beendet. In der Schlusstabelle bedeutet das den achten Platz. Von den norddeutschen Mannschaften sind unsere Kids damit am besten platziert.
Eine Niederlage gab es am ersten Brett. Robert verlor in seiner Eröffnung einen Bauern. Später übersah er einen taktischen Trick, das Material vorteilhaft zurückzugewinnen. Der Gegner konnte einen unaufhaltbaren Freibauern bilden und Robert gab auf. Kasper zwang seinen Gegner am zweiten Brett als Weißer im 26. Zug in ein Mattnetz, das dieser nur durch Aufgabe seiner Dame hätte zerstören können. Ricarda übersah am dritten Brett mit Schwarz in einer sizilianischen Eröffnung erst die eigenen versteckten Möglichkeiten, um in Vorteil zu kommen, und später dann eine ebenso versteckte Angriffschance des Gegners. Ihr Bauernraub am Damenflügel schwächte den eigenen Königsflügel, dem weißen Angriff war nichts entgegenzusetzen und Ricarda musste nach 49 Zügen aufgeben. Felix konnte als Weißer am vierten Brett seine letzte Partie gewinnen und blieb als einziger unserer Spieler ungeschlagen. Er eröffnete frech mit 1. g3, konnte trotzdem noch in der Eröffnung dem Gegner einen Bauern abnehmen und verwertete diesen Vorteil dann im Bauernendspiel. Damit war das Unentschieden perfekt.
Auch wenn es zwischendurch so aussah, als wenn am Ende ein besserer Platz möglich wäre: Insgesamt ist dieses Abschneiden ein großer Erfolg. Unser Team hat gezeigt, dass es mit den besten deutschen Jugendmannschaften mithalten kann. Und das, obwohl die Truppe eine der jüngsten des Feldes war. Das verspricht doch einiges für das nächste Jahr; denn dann will unser Team wieder dabei sein. Unser Dank geht auch an die beiden Trainer Jan-Hendrik de Wiljes und Jan Krensing, die die Truppe gut durch die Woche begleitet haben.

Thorsten Hapke

Abschlusstabelle

 

Mannschaftspunkte

Brettpunkte

1. Karlsruher SF

14

20,5

2. SK Königskinder Jena

10

17,5

3. SF Bad Mergentheim

10

16,5

4. USG Chemnitz

9

18,0

5. SJ Herborn 1998

9

18,0

6. SF Lieme e.V

8

13,0

7. SF Brackel 1930

7

16,5

8. SK Ricklingen

7

14,5

9. TuS Coswig 1920

7

13,5

10. SK Doppelbauer Kiel

7

12,5

11. SV Turm Hohenlimburg

6

14,5

12. Muldental Wilkau-Haßlau

6

13,5

13. Post SV Hannover

6

12,5

14. SC Tamm 74

6

12,5

15. SC Reti-Heusweiler

6

12,5

16. Noris Tarrasch Nürnberg

6

12,0

17. SK Gräfelfing

5

12,0

18. Wilhelmshavener SF

5

11,0

19. SC Meerbauer Kiel

3

10,0

20. SF Paderborn 2000

3

9,5

HAZ 6. Januar 2006:
In den Ferien ran ans Brett

So anstrengend können Ferien sein: Für die jugendlichen Schachspieler des SK Ricklingen hieß es jeden Morgen um 9 Uhr und jeden Mittag um 14 Uhr "Platz nehmen am Schachbrett". Sieben Runden wurden gespielt, manche Partie dauerte bis zu vier Stunden, und trotzdem genossen Robert Lindner (11), Kasper Kusmierek (11), Ricarda Lebek (11), Roberto Gisy (10) und Felix Zwick (12) jede Minute, schließlich handelte es sich um eine deutsche Meisterschaft. Gespielt wurde dort, wo es sich für die Altersklasse U 12 gehört: in einer Jugendherberge in Verden.
Die Ricklinger Schachtalente hatten sich erstmals für die Titelkämpfe qualifiziert und erreichten den 8. Platz von 20 Teilnehmern — sie waren damit das stärkste norddeutsche Team; die Stadtkonkurrenz vom HSK/Post SV landete mit Anthony Petkidis, Andrei Miclea, Alexander Kahle und Dimitri Choufatinski auf dem 13. Rang.
Für das Ricklinger Trainergespann Jan Krensing (21) und Jan-Hendrik de Wiljes (21) ist der achte Platz bemerkenswert, weil das Team eines der jüngsten am Start war. "Vier unserer fünf Spieler können im nächsten Jahr noch in dieser Altersklasse spielen", sagt Krensing, "bereits jetzt haben wir gezeigt, dass wir mit den Spitzenteams mithalten können." Die Ricklinger Erfolge in der Altersgruppe U 12 sind Früchte langjähriger Arbeit. Vor gut vier Jahren ordnete der Verein seine Jugendarbeit neu, in Kooperation mit der Eichendorff-Grundschule in Linden wurde eine Schulschach-AG gegründet. Den sportlichen Durchbruch gab es 2005. An den Landesmeisterschaften nahmen gleich zwölf Ricklinger teil, drei Einzelmeistertitel wurden errungen — durch Sven Schubert (13), Ricarda Lebek (11) und Roberto Gisy (10). Inzwischen treffen sich vier Trainingsgruppen einmal in der Woche im Freizeitheim Ricklingen. Freitags von 17.30 Uhr an trainieren eine Einsteiger- und eine Fortgeschrittenengruppe, mittwochs von 17 Uhr an findet das Leistungstraining statt.

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